Was heisst das, von der Abhängigkeit in die Eigenverantwortung gehen? Immer wieder hatte ich das Gefühl, das Thema zu verstehen und musste feststellen, dass es verschiedene Stufen sind auf dem Weg aus der Abhängigkeit heraus in die Verantwortung.
Kinder übernehmen Verantwortung für Eltern
Oft müssen Kinder zu früh Verantwortung für ihre Geschwister oder die Gefühle und das Wohlbefinden der Eltern übernehmen. Statt wie es natürlich wäre einfach sein zu können, zu spielen und liebevoll umsorgt und unterstützt zu werden, fühlen sich Kinder für alles Mögliche verantwortlich. Den Eltern fehlt genauso der natürliche Halt und Boden in sich selbst, weil sie diese Liebe und Geborgenheit auch nicht erfahren durften. Zum Glück ist es als erwachsener Mensch jederzeit möglich alten Schmerz fliessen zu lassen und in sich selbst die Liebe und Geborgenheit zu entdecken.
Wenn ich zurückblicke, bin ich in meinem Leben immer wieder Menschen begegnet, welche wie ein Schlüssel auf mein Schlüsselloch gepasst haben. Ich habe früh gelernt stark zu sein, Stimmungen von Anderen in ihren feinen Nuancen wahrzunehmen und versucht sie auszugleichen. Mir ging es gut, wenn es den Anderen gut ging. Es war einfacher für mich, etwas auf mich zu nehmen, als auszuhalten, wenn es den Mitmenschen um mich herum schlecht ging. Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die gerne die Verantwortung an Andere abgeben und diese Menschen auch finden. Wo immer Andere an ihrem Unglück Schuld sind. Erst später habe ich bemerkt, dass mich meine Körpersymptome oder Müdigkeit darauf aufmerksam machten, dass ich mich damit selbst verleugne, ausbeute und zerstöre. Dass es am Ende Niemandem dient, wenn es mir schlecht geht, weil ich mich besser um Andere kümmern kann wie um mich selbst. Langsam habe ich begriffen, dass meine Aufgabe darin besteht, für mich selbst gut zu sorgen. Dass es etwas mit Achtung zu tun hat, wenn ich die Verantwortung, die ich für Andere fälschlicherweise übernommen habe, zurückgebe. Dass ich ihnen damit erlaube, in ihre eigene Kraft zu kommen.
Lieben was ist
Byron Katie schreibt so schön in ihrem Buch „Lieben was ist“, wenn du dich über Jemanden ärgerst, dass er etwas nicht tut, dann tue es selbst. Statt zu erwarten, dass Andere den ersten Schritt machen, mach du den Schritt selbst. Das war für mich ein wichtiger Impuls um meine Erwartungen an andere Menschen loszulassen. Aber auch Erwartungen von Anderen an mich abzugeben. Ich habe begonnen mich um meine eigenen Bedürfnisse zu kümmern und zu schauen, dass es mir gut geht. Es ist befreiend, nicht mehr davon abhängig zu sein was andere tun oder nicht tun. Sie beschreibt in diesem Buch auf wunderbare Weise, wie man sich von falschen Überzeugungen und Denkstrukturen befreien kann. Mehr über Byron Katie
Verantwortung übernehmen
Nachdem Schicht für Schicht durch mein Mitgefühl schmelzen durfte war ich bereit, die Verantwortung die ich für Andere übernommen habe abzugeben. So schön und einfach es tönt war es aber nicht. Erst in diesem Moment habe ich begriffen, weshalb ich all die Jahre immer noch ein kleiner Rest der Verantwortung für Andere getragen habe. Es hat mich genährt, gebraucht zu werden. Der kleine Strohhalm der Liebe und Anerkennung geschenkt hat, war plötzlich verschwunden. In diesem Moment war ich bereit anzunehmen, dass ich viele Jahre mich immer wieder mit dem kleinen Strohhalm begnügt habe und nicht bereit war die Wahrheit dahinter zu sehen. Dass die Liebe nach der ich suchte in mir selbst vorhanden ist und darauf wartet angenommen zu werden. Das war sehr traurig, aber gleichzeitig auch befreiend, endlich den letzten Strohhalm abzugeben und die Liebe in mir anzunehmen. Von der Abhängigkeit in die Unabhängigkeit zu kommen. Mich selbst zu nähren und zu versorgen und in Achtung und Respekt den Mitmenschen zu begegnen und einfach nur da zu sein ohne etwas zu tun oder zu übernehmen. Wie jede Sucht, wird auch diese Sucht bis zum Schluss verleugnet, weil die Realität aufs Erste nicht sonderlich angenehm ist. Aber es lohnt sich, in die dunkelsten Ecken in sich vorzudringen und sich selbst offen, ehrlich und liebevoll zu begegnen. Es macht unabhängig und setzt unglaublich viel Energie frei.
Am Anfang ist es etwas ungewohnt, sich selbst Gutes zu tun und sich liebevoll um sich selbst zu kümmern. Auszuhalten wenn es Anderen schlecht geht, ohne mit ihnen zu leiden oder ihnen zu helfen ohne darum gebeten zu werden. Oder wer Anderen die Verantwortung für die eigenen Gefühle abgegeben hat, darf alles zu sich selbst zurücknehmen und sich liebevoll um die eigenen Gefühle kümmern. Je mehr Liebe für sich selbst fliessen darf, umso mehr Liebe kann später wieder nach Aussen fliessen in Form von Mitgefühl für den Weg den Andere gehen. Wer selbst genährt und satt ist, ist frei von Erwartungen an andere Menschen, sie sind unabhängig vom Aussen. So entsteht ein friedliches und erfülltes Miteinander.
Wo stehst du?
Wo kannst du beginnen, mehr Liebe anzunehmen und in dein Leben fliessen zu lassen? Wo kannst du Verantwortung an Andere abgeben und ihnen dadurch helfen in ihre eigene Kraft zu kommen? Wie kannst du gut für dich selbst sorgen und es dir gut gehen lassen? Wo suchst du Liebe und Anerkennung? Ich wünsche dir viel Liebe auf deinem Weg in die Eigenverantwortung